Ein Soldatengrab im Hunsrück

Engagement für die Erinnerung an einen toten Coswiger

Am bevorstehenden Volkstrauertag wird wieder den Opfern von Krieg und Gewalt­herrschaft gedacht, den Soldaten und zivilen Toten aller Länder, die durch Kriegs­handlungen, Bomben, Vertreibung und Massen­mord ums Leben gekommen sind. Dieser Tag soll erinnern, trauernd erinnern, so auch dieser Artikel über ein Soldaten­grab. Was in der Überschrift so fern klingt, als könnte es nichts mit uns, mit Coswig in Sachsen, zu tun haben, erweist sich doch als Irrtum.

Vor 60 Jahren
Es sind die letzten Kriegstage des II. Weltkrieges. Deutsche Soldaten befinden sich auf dem Rückzug vor den heran­rückenden Amerikanischen Truppen im Dreieck Hunsrück-Saarland-Rheinland-Pfalz. Unter ihnen der Coswiger Alfred Brodkorb. Bei heftigen Abwehr­kämpfen findet er am 17. März 1945, 32-jährig, an der Straße Thalfang–Allenbach den Tod. Er wird von seinen Kameraden an Ort und Stelle beerdigt und das Grab mit einem einfachen Birkenkreuz versehen.

Soldatengrab vor Umgestaltung
Zustand des Grabes vor der Umgestaltung

Nach dem Krieg
Viele Jahre wird das Grab freiwillig vom Förster des nahen Forst­hauses und seiner Frau gepflegt. Ihr Sohn war 1944 in Russland gefallen und so sahen sie das Grab von Alfred Brodkorb stellvertretend als das ihres Sohnes. Später erhielt das Grab ein Stein­kreuz, auf dem leider der Name und der Todestag falsch eingraviert wurden. Die Witwe des Gefallenen erfährt von der Existenz des Grabes und besucht es um 1950. Sie möchte eine Überführung nach Coswig veranlassen. Da das aber nur in ein Massen­grab nach Berlin möglich war, ließ sie das Grab am ursprünglichen Platz und in der Obhut des Förster-Ehepaares.

April 1985
In den Morbacher Heften zu Geschichte und Gegenwart "Die Hott“ Nr. 5 vom April 1985 erscheint ein sehr ausführlicher Artikel zu den Geschehnissen im März 1945 am Erbeskopf, wie das Gebiet dort genannt wird, und um das Grab des Alfred Brodkorb aus Coswig. Darin erfahren wir, dass das Grab alljährlich von einer Kommission der Bezirks­regierung Trier auf seinen Zustand überprüft wird. Aktenkundig wurde festgehalten: “Das Feldgrab an der Straße befand sich in einem guten Pflegezustand.“ Außerdem stellte die Bezirks­regierung Geld zur Unterhaltung des Grabes zur Verfügung, welche dem Friedhofs­wärter der Gemeinde Deuselbach oblag.

Januar 2004
Ein Brief aus der Gemeinde Thalfang erreicht die Stadt­verwaltung Coswig. Herr Dominik Müller bittet darin um Mithilfe bei der Nach­forschung nach einem gefallenen Angehörigen der ehemaligen deutschen Wehr­macht, der aus Coswig stammen soll. Ihm war das Soldaten­grab des Alfred Brodkorb aufgefallen, um das sich scheinbar niemand mehr kümmerte. In Eigeninitiative wolle er sich mit weiteren Interessierten um das Grab kümmern, damit es erhalten bliebe. Um die Anonymität des Toten aufzuheben, suche er nach näheren Angaben oder Verwandten von ihm. Er hatte Glück. Wir konnten ihm den Kontakt zur Tochter des Gefallenen herstellen, die noch in Coswig wohnt. Sie war erst vier Jahre alt, als sie ihren Vater verlor. Sie wusste von der Existenz des Grabes und hatte es auch schon besucht.

Volkstrauertag 2004
In einer kleinen Feierstunde wird das restaurierte Grab des Coswigers Alfred Brodkorb durch den evangelischen Pfarrer von Thalfang eingesegnet und der Öffentlichkeit übergeben. Herrn Müller und weiteren engagierten Bürgern der umliegenden Orte ist es gelungen, dem Gefallenen eine würdige Grabstätte zu geben. Dafür investierten sie viele Stunden Freizeit. Eine Hinweistafel am Grab gibt jetzt Auskunft über das Schicksal des Toten aus unserem Ort.

Hochachtung vor den Thalfangern, die mit ihrem Engagement um ein einsames Soldatengrab die Begriffe Trauer, Erinnerung und Mahnung mit Leben erfüllten.

Petra Hamann, Stadtarchiv