"... Coswig zur Ehre gereichen"

Coswigs Ehrenbürger

Prof. Heinz Werner wurde am Dienstag Ehrenbürger unserer Stadt. Gewürdigt werden damit nicht nur seine Treue und Verbunden­heit zu Coswig, immerhin ist er seiner Heimat­stadt schon über 80 Jahre treu, sondern es ist vor allem eine Anerkennung seines schöpferischen Lebens­werkes und seiner Verdienste um die Porzellan­kunst. Somit erfüllt Heinz Werner alle Voraussetzungen, die in Coswig in der "Satzung zur Ehrung verdienter Persönlichkeiten“ aus dem Jahr 1999 genannt sind. In § 2 heißt es dazu:

3. Die Verleihung erfolgt nach strengem Maßstab. Die heraus­ragenden Verdienste der zu ehrenden Personen müssen von über­regionaler Bedeutung sein und der Großen Kreisstadt Coswig zur Ehre gereichen. Die zu würdigenden Verdienste sind überdurchschnittlich und beispielhaft und können z.B. auf kulturellem, wissenschaftlichem, sportlichem, technischem, politischem, wirtschaftlichem, sozialem, humanitärem oder karitativem Gebiet liegen.
4. Das Ehrenbürgerrecht ist ein höchstpersönliches Recht. Besondere Rechte oder Privilegien sind damit jedoch nicht verbunden. Es wird an lebende Personen verliehen und erlischt mit dem Tod des Ehrenbürgers, ohne dass es einer besonderen Aberkennung bedarf. Die Verleihung ist nicht mit dem Status ”Bürger” der Großen Kreisstadt Coswig verbunden.

Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Prof. Werner im Jahr 2009 soll Anlass sein, einen Blick in die Geschichte der Coswiger Ehren­bürger zu werfen. Es ist wirklich ein besonderes Ereignis in der Geschichte Coswigs, denn freigiebig gingen Coswigs Stadtväter auch in der Vergangenheit nicht mit dieser höchsten Ehrung einer Stadt für eine Person um und es kam auch vor, dass man nicht lange glücklich mit der dann endlich getroffenen Entscheidung war.

Coswigs erster Ehrenbürger erhielt diese Ehrung am Ende der Weimarer Republik. Auf der öffentlichen Gemeinderats­sitzung am 22. Dezember 1932, abends 7 Uhr, im großen Sitzungs­zimmer des Rathauses wurde Carl Romer (1872 – 1949) vom damaligen Bürgermeister Schmidt die Ehren­bürger­würde verliehen. Es war Romers letzter Tag als Mitglied des Gemeinderates, dem er 30 Jahre lang angehörte. Er erhielt eine Urkunde mit folgendem Text:

Gemeinderat und Gemeindeverordnete haben, wie hiermit beurkundet wird, Herrn Gärtnerei­besitzer Carl Romer in Coswig in Würdigung seiner 30 jährigen segens­reichen Tätigkeit als stellvertretender Bürger­meister, Gemeinde­ältester und Gemeinde­verordneter in der Gemeinde Coswig und als Beweis besonderer Achtung und anerkennender Dankbarkeit zum "Ehrenbürger“ ernannt.
Coswig, am 22. Dez. 1932
Der Gemeinderat
Schmidt
Bürgermeister

Im Wortlaut des Protokolls der Gemeinderatssitzung heißt es weiter:

Herr Romer, von dieser besonderen Ehrung überrascht, dankt herzlich hierfür. Die Worte des Herrn Bürger­meister haben ihm, so führt Herr Romer an, das Scheiden erleichtert. In dieser feierlichen Stunde gedenke er dankbaren Herzens aller derer die zur Mitarbeit im Kollegium berufen waren. Er hoffe, dass das kommende Kollegium ebenfalls zum Wohle und Segen der Gemeinde wirke. Er spende für die Winterhilfe 400 Zentner Brikett oder den Gegenwert hierfür.

Romer starb 1949. Die Straße, die seit 1907 seinen Namen trägt und vor einiger Zeit eine Tafel zur Erklärung bekam, und eine Büste im Park der Karrasburg erinnern in der Stadt an ihren einstigen Ehrenbürger.

Es folgten mit der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland die ideologisch motivierten Ehren­bürger­ernennungen. Paul von Hindenburg und Adolf Hitler sollen von rund 4000 Städten und Gemeinden zu Ehren­bürgern ernannt worden sein. Unmittelbar nach Hitlers Ernennung zum Reichs­kanzler am 30. Januar 1933 stellten ganz beflissene Gemeinden schon Anträge, ihn und Hindenburg als Ehren­bürger in ihre Reihen aufnehmen zu dürfen. Um dieser Antrags­flut zu begegnen, organisierte der Sächsische Gemeindetag einen gemeinsamen Ehren­bürger­brief zur Verleihung der Ehren­bürgerschaft. Darauf waren die Namen der sich diesem Vorschlag anschließenden sächsischen Städte und Land­gemeinden verzeichnet. Dem Protokoll des Coswiger Verwaltungs­ausschusses vom 9. Mai 1933 ist zu entnehmen, dass auch die Gemeinde Coswig auf diesem Weg Hindenburg und Hitler zu Ehren­bürgern machte. Für die Beschaffung des Ehren­bürger­briefes konnte eine freiwillige Geld­spende geleistet werden, empfohlen wurden 5 bis 50 RM. Die Gemeinde Kötitz beteiligte sich z.B. mit 10 Reichsmark ebenfalls an dieser "Hindenburg-Hitler-Ehrung“ genannten Aktion. Ebenso wurde im gleichen Jahr mit der Ehren­bürgerschaft für Mutschmann, dem damaligen Reichs­statthalter Sachsens, verfahren. Auch er erhielt einen gemeinsamen Ehren­bürger­brief von Städten und Land­gemeinden über den Sächsischen Gemeindetag.
Die Verleihung von Ehrenbürgerrechten während des Krieges verhinderte ein geheim zu haltender Rund­erlass des Ministeriums des Innern vom 9.10.1940 an die Städte und Gemeinden: Nach einer Entscheidung des Führers dürfen Ehren­bürger­rechte während der Dauer des Krieges von den Gemeinden allgemein nicht mehr verliehen werden. Es waren wohl zu viele Anträge von Gemeinden eingegangen, die ihren Gefallenen Ehren­bürger­rechte verleihen oder auch Straßen nach ihnen benennen wollten.
Vor einigen Jahren gingen besorgte Meldungen durch die Presse, dass Hitler in einigen Städten noch Ehrenbürger sei. Nach heutiger Lesart sind die Ehren­bürger­rechte mit dem Tod der Person erloschen, ohne dass sie einer Aberkennung bedürfen. Für Kriegsverbrecher verfügte außerdem der Alliierte Kontrollrat in Deutschland schon 1946 den Verlust der Ehrenbürgerschaft.

Während der Zeit der DDR gab es immer wieder einzelne Vorschläge für die Verleihung der Ehren­bürger­würde der Stadt Coswig, vorrangig für verdiente Anti­faschisten. Es sollte jedoch noch bis zum September 1989 dauern, ehe dieser Schritt getan wurde. Mehrere Jubiläen gaben dazu Anlass. Der 40. Jahrestag der DDR stand bevor und die Stadt Coswig beging den 50. Jahrestag der Verleihung des Stadt­rechtes und die Erst­erwähnung vor 640 Jahren mit einem Stadtfest. Auftakt zu diesen Feierlich­keiten war am 21. September eine Festsitzung der Stadt­verordneten­versammlung Coswigs im Stadt­kultur­zentrum "Clubhaus Coswig“, der heutigen "Börse“. Die Sächsische Zeitung berichtete darüber in ihrer Ausgabe vom 23./24. September 1989:

Die ersten Ehrenbürger
Seit vergangenem Donnerstag gehören zur Stadt Coswig vier Ehren­bürger, die ersten in ihrer Geschichte. Postum erhielten diese Ehrung die weltberühmte venezolanische Pianistin Teresa Carreno (1853-1917) und ihr Ehemann, der Komponist Eugen d’ Albert (1864-1932). Das Künstler­ehepaar hatte Kötitz von 1891 bis 1895 als ihre Wahlheimat auserkoren. Der Botschafter des Staates Venezuela in der DDR nahm die Urkunden entgegen. Für ihr großes gesellschaftliches Engagement bis in die heutigen Tage wurden Ehren­bürger von Coswig Wilhelm Gratzl (geb. 1915) und Kurt Schirmer (geb. 1890).

Wohl extra zu dieser Verleihung schuf man in der Stadt Coswig eine "Ordnung für die Beantragung und Verleihung der Ehren­bürgerschaft sowie die Betreuung von Ehrenbürgern“. Sie trat zum 1. September 1989 in Kraft. Sie enthält ausdrücklich den Hinweis, dass auch ausländische Persönlichkeiten Ehren­bürger der Stadt werden können und dass bei Festlegung besonderer Maßnahmen das Ehren­bürger­recht auch postum verliehen werden kann. So konnten Teresa Carreño und Eugen d’Albert Coswiger Ehren­bürger werden. Wovon 1989 wohl niemand zu träumen wagte, heute präsentiert sich ihr damaliges Anwesen in Kötitz schöner und lebendiger denn je und ihr Andenken wird mit und in der Villa Teresa bewahrt.

Den beiden Coswigern Wilhelm Gratzel und Kurt Schirmer wurde die Ehrenbürger­würde auf Vorschlag der SED-Ortsleitung und des Stadt­ausschusses der Nationalen Front verliehen. Außer einer Urkunde erhielten sie einen Freifahrt­ausweis des Meißner Kraft­verkehrs und einen Ehrenbürger­ausweis, der sie zu freiem Eintritt für Museum, Kino, Ausstellungen, Sport­veranstaltungen und Naherholungs­einrichtungen der Stadt Coswig berechtigte. Die Verleihungs­urkunden nennen langjährige politische und gesellschaftliche Arbeit bei der Entwicklung der Stadt als Begründung. Beiden wurde die Ehrenbürger­würde 1991 durch einen Beschluss der Stadt­verordneten­versammlung aberkannt, da Gründe für ein Fortbestehen dieser Ehren­bürgerschaft nicht mehr als gegeben angesehen wurden.

Schön, dass Coswig mit dem Maler und Porzellangestalter Heinz Werner jetzt wieder einen Ehrenbürger hat, den ersten nach der politischen Wende! Er befindet sich somit in guter Gesellschaft von Coswigs historischen Ehren­bürgern Carl Romer, der auch einmal der Erste war, und den Künstlern Teresa Carreño und Eugen d’Albert - und alle gereichen sie Coswig zur Ehre!

Petra Hamann, Stadtarchiv

Quellen:
Akten des Stadtarchivs
Wikipedia
Sächsische Zeitung 44. Jg. Nr. 225