Die "unendliche Geschichte" Strassenbahn
Das erste Schreiben zum Thema Straßenbahn in unserem Archiv trägt das Datum vom 9. August 1899. Der Gemeinderat von Weinböhla bittet darin den Coswiger Gemeinderat, sich an einer Petition an die Sächsische Staatsregierung und den Landtag zwecks Fortführung der Straßenbahn von Kötzschenbroda über Coswig nach Weinböhla zu beteiligen. Die Straßenbahn endete damals in Kötzschenbroda.
In den folgenden 30 Jahren wurden noch viele Bittschriften an die "hohe Staatsregierung" und die "hohe Ständeversammlung" bzw. den Sächsischen Landtag verfasst mit verschiedenen Streckenführungsvorstellungen. So die Petition der Gemeinderäte von Coswig, Neucoswig, Kötitz, Brockwitz, Sörnewitz und Oberspaar vom 31. Dezember 1910, die um Weiterführung der Straßenbahn von Kötzschenbroda über Coswig - Brockwitz - Sörnewitz - Spaar nach Meißen ersuchen. Spätere Bemühungen sahen gar die Weiterführung von Meißen über Niederau nach Weinböhla vor.
Zunächst wurde die Straßenbahnlinie lediglich von Kötzschenbroda nach Zitzschewig verlängert. Einweihung dieser Strecke war am 28. Dezember 1920.
Am 16. Dezember 1924 stimmte der Gemeinderat Coswig der Verlängerung der Straßenbahnlinie bis nach Coswig unter der Voraussetzung zu, dass Coswig dadurch keine Kosten entstehen. Mit Wirkung vom 1. April 1926 wurden die bis dahin staatlichen Straßenbahnlinien an die Dresdner-Überland-Verkehr GmbH verkauft, die große Ausbaupläne des Straßenbahnnetzes hatte. Davon kündete im "Dresdner Anzeiger" vom 14.12.1927 ein Artikel mit der Überschrift "Künftiger Schnellverkehr im Elbtalkessel - Zwischen Pirna und Meißen - Ausbau der Lößnitzbahn".
Bevor Anfang September 1928 der erste Spatenstich für die Straßenbahnverlängerung von Zitzschewig nach Coswig getan werden konnte, wurde unseren Akten zufolge vorwiegend gestritten. Gestritten wurde erst um die günstigste Streckenführung. Als feststand, dass die Straßenbahnlinie in Coswig am neu zu errichtenden Straßenbahndepot endet, entbrannte der Streit um entsprechende Landkäufe. Auch das Rathausgelände war davon betroffen. Das sich damals darauf befindliche Feuerwehrgerätehaus musste abgebrochen werden.
Am 20. Juli 1929 war es dann endlich so weit. Die neue Straßenbahnlinie und der neu errichtete Straßenbahnhof wurden feierlich eingeweiht. Interessant zu vermerken ist noch, dass damals eine Straßenbahnfahrt von Dresden nach Coswig mit Umsteigen in Zitzschewig verbunden war. Das lag an den unterschiedliche Spurweiten. Bis Zitzschewig war Schmalpspur, die neue Strecke nach Coswig wurde aber schon in breiterer Stadtspur gebaut.
Weitere zwei Jahre sollte es noch dauern, bis die Straßenbahn auch nach Weinböhla führte. Am 13. November 1931 konnte dieser letze Streckenabschnitt eingeweiht werden. Es bleibt zu hoffen, dass das, was unsere Vorfahren Anfang dieses Jahrhunderts erstritten haben, auch im neuen Jahrtausend noch Bestand hat, denn irgendwie gehört sie einfach zur Region - die "Elektrische".
Petra Hamann, Stadtarchiv