Gönner gaben Straßen Namen

Teil 4: Slottastraße / Straße des Friedens

Für viele Jahre war der Name Slotta in Vergessenheit geraten. Erst vor kurzem tauchte er im Zusammenhang mit dem Abriss des ehemaligen Lehr­ausbildungs­betriebes und späterer Zahnrad­fertigung der Planeta, Werk IV "Am Güterbahnhof“ in der Presse wieder auf.

Bevor die "Planeta“ den Betrieb übernahm, war die einstige Maschinenbaufabrik unter dem Namen "Dolze & Slotta“ schon 50 Jahre ein wichtiger Arbeitgeber und ein Begriff in Coswig und über die Orts- und Landesgrenzen hinaus.

Die 1904 von Johannes Slotta unter schwierigen Bedingungen, aber mit viel Unternehmergeist gegründeten Maschinenbau-Werkstätten haben leider ihr 100-jähriges Bestehen nicht mehr begehen können.

Dolze und Slotta Maschinenbau-Werkstätten

Noch verblieben sind die unter Denkmalschutz stehenden repräsentativen Gebäude. Sie warten darauf, aus ihrem Dornröschen­schlaf erweckt zu werden. Vom Coswiger Baumeister und Architekten Eugen Pönisch 1909 in seinem unverwechsel­baren Stil entworfen, gehören sie zu den typischen Bauten in Coswig und sind deshalb so wichtig und unverzichtbar für das Stadtbild. Das Coswiger Tageblatt schwärmte in seiner Ausgabe vom 12. Dezember 1909 mit folgendem ausführlichen Artikel:

Artikel aus Coswiger Tageblatt vom 12. Dezember 1909

Johannes Ernst Paul Slotta wurde am 26. Mai 1869 geboren und starb am 17. Oktober 1918 mit nur 49 Jahren.

Traueranzeige Familie

Traueranzeige Arbeiterschaft

Anläßlich des 40-jährigen Firmenjubiläums am 15. Februar 1944 charakterisierte sein Sohn Herbert Slotta, zu dieser Zeit bereits Betriebsführer von Dolze & Slotta, seinen Vater und die Firma mit folgenden Worten:

"... Es ihnen bekannt, daß die Firma im Jahr 1904 von meinem Vater gegründet wurde, der keinerlei materiellen Reichtümer besaß, dafür aber umsomehr Arbeits­energie und zielbewußtes gerechtes Streben. Dies führte durch engstes Mitwirken seiner getreuen Mitarbeiter dazu, daß die Firma schon wenige Jahre nach ihrer Gründung ein hohes Ansehen weit über die Grenzen der damaligen Gemeinde Coswig, Sachsens und sogar Deutschlands genießen konnte. Mit wachsendem Ansehen der Firma festigte sich in schnell steigendem Maße das finanzielle Fundament, so daß mein Vater nach kaum 10 Jahren seines Schaffens mit Stolz feststellen konnte, lediglich aus eigener Energie und in Folge seiner fachlichen Fähigkeiten vom mittel­losen Ingenieur zum vermögenden Unternehmer emporgewachsen zu sein. Entsprechend seinen edlen Charakter­eigenschaften hat er trotzdem sein ganzes Leben lang weder vergessen noch verleugnet, daß er tiefste materielle Not in seiner schweren Kindheit selbst durchleben mußte und diese Tatsache hat in ihm stets besonderes Verständnis für die sozialen Sorgen seiner Mitmenschen hervorgerufen. ..."

Ausdruck dessen war z.B. das Geschenk eines Brunnens für den Von-Friesen-Platz, worüber das Coswiger Tageblatt vom 14. September 1911 schrieb:

Artikel aus Coswiger Tageblatt vom 14. September 1911

und vor allen Dingen die testamentarische Errichtung einer Stiftung für die Gemeinde Coswig von 10.000 Mark. Die Bekanntgabe darüber erfolgte in der öffentlichen Gemeinderats­sitzung am 16. Dezember 1918. Einen Tag später berichtete das Coswiger Tageblatt:

Bekanntgabe Stiftung

Eine weitere Meldung (Coswiger Tageblatt vom 26.05.1919) lautete:

Artikel aus Coswiger Tageblatt vom 26.05.1919

Somit hieß die Verbindungsstraße zwischen Schiller- und Weststraße 33 Jahre Slottastraße. Ich zitiere noch einmal Johannes Slottas Sohn: "...hat die Gemeinde Coswig meinem Vater zu jederzeit ein ehrendes Andenken bewahrt. Dies hat seinen Ausdruck darin gefunden, daß nach ihm auch eine Straße benannt worden ist. Ich bin überzeugt, daß dies weniger auf Grund der Stiftung geschehen ist, sondern in dem Willen, einer führenden Persönlichkeit, die jederzeit bestrebt war, durch ihre ganze Lebens- und Geisteshaltung Vorbild zu sein, ein Denkmal zu setzen. ...“

Diese Lebens- und Geisteshaltung setzten auch seine Witwe, die 1936 starb, und seine Kinder fort. Mehrmals ließen sie der Stiftung, die durch Geldentwertung und Krieg immer wieder geschmälert wurde, größere Geldbeträge zufließen. So wie die Jaspis- und Friesenstiftung ging auch die Slottastiftung 1938 in einer Fürsorge­stiftung bei der Gemeindekasse Coswig auf, deren Spur sich 1949 verliert.

1951 fällt die Slottastraße der großen Nachkriegs­straßen­umbenennung zum Opfer. Auf Vorschlag der Vertreter der SED des Anifaschistisch-Demokratischen Blocks von Coswig wird auf der Stadtverordnetensitzung vom 11. April die Umbenennung in "Straße des Friedens“ beschlossen.

Ich würde es angemessen finden, wenn die Stadt Coswig heute wieder an den einstigen Pionier der Industrialisierung in Coswig, Johannes Slotta, erinnert. Das für eine Bebauung vorgesehene Areal seiner ehemaligen Firma bietet sich dafür an.

Nachsatz:
Aktuell war von der Planeta zu erfahren, dass ihren Bestrebungen, die denkmalgeschützen Betriebsgebäude von der Denkmalliste streichen zu lassen, stattgegeben wird. Ob nur ökonomische Zwänge oder der Weg des geringsten Widerstandes (ein "besenreines“ Gelände vermarktet sich besser) oder Altlasten unter einem der Gebäude (wer hat sie verursacht?) oder, oder ... die Ursache für den geplanten Abriss ist, ändert nichts an der Tatsache, dass wieder einmal die Chance vergeben wird, einem Bebauungs­gebiet in unserer Stadt ein individuelles und für Coswig typisches Gepräge zu geben.

Petra Hamann, Stadtarchiv