Gönner gaben Straßen Namen
Teil 5: Hänelplatz
Die Überschrift für den letzten Teil der Straßennamenvergabe an Gönner Coswigs ist natürlich nicht ganz korrekt, denn ich möchte an einen Mann erinnern, der einem Platz in Coswig den Namen gab, dem Hänelplatz. Obwohl bereits 1950 die Umbenennung in "Platz der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ erfolgte, und er bis 1990 so hieß, ist sein ursprünglicher Name, Hänelplatz oder auch Hänelpark, bis heute im Sprachgebrauch vieler Coswiger geblieben.
Herr Dr. med Richard Joachim Hänel kam Ende des 19. Jahrhunderts von Dresden nach Coswig. Auf seinem Grundstück an der Moritzburger Straße 15 ließ er sich 1891 ein Wohnhaus bauen. Wohl als Alterssitz gedacht, brachte er sich dennoch aktiv in das Gemeindeleben seiner neuen Heimatstadt ein.
Bereits 1893 wurde er in den Gemeinderat von Coswig gewählt, der ihn wiederum am 20. November 1894 zum ersten Gemeindeältesten wählte. Außerdem war er seit 1895 als Vertreter Coswigs für den Ausschuss des Gemeinde-Krankenversicherungsverbandes Cölln tätig. 1896 wurde er in den Bauausschuss des Gemeinderates und als Stellvertreter des Standesbeamten für Coswig gewählt.
Als er am Jahresende 1898 seiner Gemeinde Coswig eine Schenkungsurkunde übergab, hatte er nur noch ein halbes Jahr zu leben. Dr. Richard Joachim Hänel starb am 15. Juni 1899 im Alter von 63 Jahren in Coswig. Mit dieser Urkunde schenkte er der Gemeinde ein Trennstück in der Größe von 30 Ar seines Flurstückes 541. Er verfügte, dass auf diesem Grundstück an der Ecke Moritzburger und Salzstraße ein öffentlicher Platz errichtet werden soll.
In Paragraph 1 hieß es: "Der vorgenannte Platz ist jederzeit als öffentliche Anlage von der Gemeinde Coswig zu erhalten, er kann niemals veräußert oder der ökonomischen Nutzung zugeführt werden“. In Paragraph 2 legte Hänel u.a. fest, dass die erstmalige Herstellung der öffentlichen Anlage auf Kosten der Gemeinde Coswig jederzeit erfolgen kann.
Sicherlich ging der Gemeinderat mit guten Vorsätzen an die Umsetzung des Hänelschen Vermächtnisses. 1901 erfolgte bereits die Zergliederung des Grundstückes und in den folgenden zwei Jahren wurde mit Gärtnereien zur Gestaltung des Platzes verhandelt. 1908 findet sich ein Eintrag in der Akte, dass der Hänelplatz verpachtet ist. Offensichtlich legten die Gemeindevertreter den Paragraph 2 der Schenkungsurkunde, dass der Platz jederzeit hergestellt werden kann, sehr großzügig aus. Erst im Kriegsjahr 1917 ist der nächste Eintrag zu finden:
- siehe auch Brief an Hänels Sohn Moritz
Es sollte aber noch einmal zehn Jahre dauern, bis Hänels Vermächtnis erfüllt wurde. Der Platz blieb bis 1925 mit Genehmigung der Hänelschen Erben durch Coswiger Pächter landwirtschaftlich genutzt. Danach drängten die Erben auf die stiftungsgemäße Herstellung des Platzes. Dass es dem Gemeinderat nun Ernst war, belegt der Auszug aus der Niederschrift des Gemeindeverordnetenkollegiums vom 10. August 1926:
Am 14. Juni 1927 teilte der Bürgermeister dem Sohn Hänels mit "... daß die vertragsgemäße Herstellung des Platzes erfolgt ist. Die Gesamtkosten betragen rund 4000 R.M. In dankbarer Erinnerung an die seinerzeitige Schenkung soll die neue Anlage den Namen "Hänel-Platz“ tragen.“
Die Coswiger Bevölkerung wird darüber mit folgender Zeitungsmeldung informiert:
Seit 75 Jahren ist also nun der Hänelplatz mit seinem inzwischen stattlichen Baumbewuchs ein grüner Ruhepunkt an der heute so belebten Kreuzung Moritzburger und Salzstraße. Sicher änderte sich die Gestaltung des Platzes in den vergangenen Jahrzehnten. 1959 wurde ein 5-Tonnen Findling in den umbenannten Platz der DSF umgesetzt. Dieser erinnert seit dem an den Einmarsch der Roten Armee 1945 in Coswig. Der Platz war Stellplatz für Mai-Demonstrationen, Treffpunkt für Liebespärchen, ältere Coswiger und junge Muttis nutzen die aufgestellten Bänke für einen Schwatz. Heute sind es eher Jugendliche, die sich dort treffen. An der stiftungsgemäßen Bestimmung von 1898 durch Dr. Richard Hänel hat sich aber nichts mehr geändert. Sollte nicht wieder ein Namensschild an den Stifter des Platzes erinnern?
Fotografie um 1950 (Fotobestand des Museums Coswig)
Petra Hamann, Stadtarchiv