Namen sind Schall und Rauch

- so begann im März der Streifzug in loser Folge durch die Coswiger Straßennamen.

Dass Straßennamen eben nicht Schall und Rauch sind und, wenn sie mit Bedacht gewählt wurden, sogar einen wertvollen Beitrag zur Heimatgeschichte leisten können, sollten die bisherigen Teile verdeutlichen. Dass Straßennamen aber auch inhaltlich bzw. orthographisch falsch oder missverständlich seit vielen Jahren existieren können, soll Gegenstand der kommenden Betrachtungen sein. Bereits 1952 ärgerten sich Schüler der Kötitzer Schule über falsch geschriebene Straßennamen in Coswig:

Die Bindestrich-Schreibweise der Straßennamen scheint heute überwunden zu sein. Der Duden gibt genaue Auskunft, wann ein Straßenname getrennt, zusammen-, mit oder ohne Bindestrich geschrieben werden muss.

Etwas peinlich wird es schon, wenn Straßennamen von bekannten Persönlichkeiten, egal ob aus Unkenntnis oder Schluderei bei der Herstellung des Straßen­schildes, falsch geschrieben auf diesem erscheinen. Vor einiger Zeit fehlte auf dem neu aufgestellten Straßen­schild der Radebeuler Melanchthon­straße das "H“ und die Louise auf unserer Louise-Otto-Peters-Straße musste auch längere Zeit ohne "O“ auskommen. Diese Fehler sind behoben, doch was ist mit dem "Elsa-Brandström-Weg“? Ein Blick ins Internet verrät, dass es in ganz Deutschland mehrere Straßen, Wege, Alleen, Schulen, Gästehäuser usw. gibt, die nach Elsa aber: Brändström benannt sind.

Elsa Brändström wurde 1888 in St. Petersburg/Russland als Tochter eines schwedischen Diplomaten geboren und starb 1948 in Cambridge, Massachusetts/USA. Sie studierte am Stockholmer Lehrerinnen­seminar und ließ sich nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges als Kranken­schwester ausbilden. Als Rote-Kreuz-Schwester betreute sie vor allem Kriegs­gefangene in Sibirien. Diese Erlebnisse schilderte sie in ihrem Buch "Unter Kriegs­gefangenen in Rußland und Sibirien 1914-1920“. Sie gründete zwei Sanatorien für heimgekehrte Kriegs­gefangene und richtete in Leipzig ein Waisenhaus für die Kinder verstorbener Kriegs­gefangener ein. Seit 1929 war sie mit Dr. Robert Ulich, Professor für Pädagogik an der Hochschule in Dresden, verheiratet. Um sich nicht von den National­sozialisten in Deutschland vereinnahmen zu lassen, wanderte sie mit ihrer Familie 1934 in die USA aus. Dort angagierte sie sich für Flüchtlinge aus Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierte sie Hilfssendungen, besonders für deutsche Kinder. (Quelle: www.drk.de)

Dieser kurze Einblick in die Biografie Elsa Brändströms lässt erkennen, dass der Coswiger Weg erst nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Namen bekommen haben kann, denn die Häuser an diesem Weg gehören zur 1935 von der "Heim und Garten Bau- und Grundstücks­gesellschaft“ erbauten Siedlung. Dem Geist der Zeit entsprechend, erhielten die drei im Baugebiet entstandenen Straßen Namen von vermeintlichen Helden des Ersten Weltkrieges. Sie wurden nach Albert Leo Schlageter, Max Immelmann und Oswald Boelcke benannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekamen diese Straßen Namen von bekannten Frauen­persönlichkeiten. Zufall oder nicht, alle drei Frauen erlitten durch den Ersten Weltkrieg ein besonderes Schicksal. Die Schlageter­straße erhielt den Namen Rosa Luxemburgs, die im Ersten Weltkrieg inhaftiert war und 1919 in Berlin ermordet wurde. Die kontrovers diskutierte erneute Umbenennung dieser Straße 1991 ist sicher vielen noch in Erinnerung. Der Immelmannweg wurde in Käthe-Kollwitz-Weg umbenannt. Käthe Kollwitz, 1945 in Moritzburg gestorben, verlor ihren Sohn Peter im Ersten Weltkrieg in Belgien. Und der Boelckeweg heißt seit dieser Zeit also Elsa-Brandström-Weg.

Auch wenn wir so an Brandström gewöhnt sind, bisher keiner an der Schreibweise öffentlich Anstoß nahm, einige Veröffentlichungen auch von Elsa Brandström sprechen, sollten wir Coswiger ihr ihren schwedischen Namen "Brändström“ zurückgeben.

Petra Hamann, Stadtarchiv