Vor 100 Jahren

Hermann der Befreier in Coswig

Vor 2000 Jahren gewannen die Germanen mit ihrem Führer Arminius alias Hermann im Teutoburger Wald die entscheidende Schlacht gegen die Römer. In Erinnerung daran ließen die Coswiger vor 100 Jahren Hermann noch einmal im friedlichen Spitzgrund siegen.

Veranstaltet vom Coswiger Evangelischen Arbeiterverein, unter der Leitung des Coswiger Pastors Albrecht, wurde das Stück "Hermann der Befreier“ auf einer Wiese hinter der Spitzgrund­mühle aufgeführt. Die erste Vorstellung war am Sonntag, 27. Juni 1909. Bis zum 18. Juli konnte das Festspiel an den folgenden Sonntagen besucht werden.

Es muss ein viel beachtetes Spektakel gewesen sein, auch wenn der Wettergott ihm nicht immer wohl gesonnen war. Das Coswiger Tage­blatt berichtete fast täglich während dieser Zeit vom Festspiel-Unternehmen "Hermann der Befreier“. So auch am 29. Juni nach der ersten Aufführung: Hermann der Befreier, vaterländisches Festspiel in 5 Bildern von Alfred Ziegenfuß. Dieses für die Volks{-]bühne geschriebene Festspiel, das nicht durch blendende Dekoration, sondern durch seinen Inhalt wirken soll, wurde vorgestern auf einer Wiese der wegen seiner idyllischen Lage im weiten Umkreise bekannten Spitzgrund­mühle … gegeben. Leider war das Wetter nicht so, wie man es im Interesse des guten Zwecks allseitig gewünscht hätte. Trotzdem hinderte der zum Glück nur leichte, wenn auch ausdauernde Regenfall ca. 200 Personen nicht, dem Festspiel beizuwohnen. … Wir aber wollen nicht unterlassen, auf das Festspiel, das unter Aufwendung großer Kosten mit den prächtigsten Kostümen ausgestattet worden ist, empfehlend hinzuweisen, es verdient tatsächlich das weitgehendste Interesse. Und am 3. Juli konnte man folgende Ankündigung lesen: Am 4. und 11. Juli wollen zahlreiche auswärtige Vereine unser Festspiel im Spitzgrund besuchen. Sie werden bei gutem Wetter vom Gasthof im Zuge unter Musikbegleitung abmarschieren.

Nach der letzten Vorstellung konnte konstatiert werden, auch wenn die Witterung dem patriotischen Unternehmen nicht gnädig gesinnt war, dass das Publikum hocherfreut über die gelungene Darstellung war und ein Reinerlös von 250 Mark für die geplante Kinder­bewahranstalt erzielt werden konnte.

Die Coswiger Römer und Germanen einträchtig vereint

Leider ist nicht überliefert, ob es weitere Inszenierungen gab, die an der Spitzgrund­mühle aufgeführt wurden. Die später erbaute kleine Bühne lässt es vermuten. Sicher ist aber manchem Coswiger noch das Pfingst­singen der jüngeren Vergangenheit im Garten der Spitzgrund­mühle in bester Erinnerung. Wenn man nicht Hermann wieder auferstehen lassen will, dann wäre vielleicht die Wieder­belebung der Tradition des Pfingstsingens eine überdenkenswerte Alternative?

Petra Hamann, Stadtarchiv