Namen sind Schall und Rauch
Am weiten Born
In der vergangenen Folge (Coswiger Anzeiger Nr. 22 vom 5. Dezember 2002) des Streifzuges durch die Coswiger Straßennamen waren Problemfälle unter ihnen Thema.
Obwohl die Straße "Am weiten Born“ schon gut 100 Jahre diesen Namen tragen dürfte, gehört sie leider mit in diese Kategorie.
In den amtlichen Regelungen der deutschen Rechtschreibung § 60 heißt es, dass man in mehrteiligen Eigennamen mit nichtsubstantivischen Bestandteilen das erste Wort und alle weiteren Wörter außer Artikel, Präpositionen und Konjunktionen groß schreibt. Das heißt in unserem konkreten Fall, dass der Straßenname korrekt "Am Weiten Born“ geschrieben werden muss.
Doch damit wäre nur der Orthographie Genüge getan. Hinterfragt man die Bedeutung des Namens, eröffnet sich noch ein weiteres Problem. Im Flurnamenplan von 1835 ist der Flurname "Weidenborn“ dort verzeichnet, wo heute ungefähr auch die Straße verläuft.
Sogar im "Gesetz über die Auseinandersetzung zwischen dem Freistaate Sachsen und dem vormaligen Königshause“ vom 21.7.1924 fand im Verzeichnis der bestehenden Miet- und Pachtverhältnisse unter der laufenden Nummer 27 der "Weidenborn“ Erwähnung. Zinspflichtig war dem Königshaus Frau Katharina von Milkau für die Wasserableitung vom Weidenborn bis zu ihrem Haus "Am weiten Born“ 13.


Die Quelle bzw. den Born kann man heute noch im Wald hinter den letzten Häusern der Straße "Am weiten Born“ in einem kleinen Tal finden. Aber Weiden, die der Quelle den Namen gegeben haben könnten, sucht man dort vergebens. Doch ist nicht auszuschließen, dass dieser Born einst von Weiden umgeben war.
Im Museum Karrasburg kann man erfahren, dass vom "WeydenBrunnen“ eine Holzröhrenleitung Wasser bis zur "Schenke zu Coswig“ geführt haben soll. So gesehen, ist es wahrlich ein weiter Born! Da aber Flurname und Quelle sicher älter sind als die damalige Holzröhrenleitung aus dem 18. Jahrhundert, ist die Bezeichnung "Weidenborn“ für beide wahrscheinlich und auch die Straße sollte dementsprechend "Am Weidenborn“ heißen. Jetzt ist sie in doppeltem Sinn falsch benannt.
PS:
Der IG Friedewald ist es zu danken, dass der Weidenborn wieder eine schöne Quellfassung bekommen hat und eine Tafel Wissenswertes zur Quelle vermittelt. Auch alle anderen Quellen im Coswiger Friedewald erhielten in den vergangenen Jahren solide Steinfassungen. Eine Wanderung von Quelle zu Quelle kann sehr empfohlen werden!
Petra Hamann, Stadtarchiv