Sanitätsrat Dr. med. Reginald H. Pierson
Zum 100. Todestag einer Coswiger Persönlichkeit von überregionaler Bedeutung
Teil 1: Die Familie Pierson

Im Jahr 1906 waren alle inzwischen nach Coswig eingemeindeten Ortsteile, Sörnewitz, Brockwitz, Kötitz und auch die kleine Weinbergsgemeinde Neucoswig noch selbständige Gemeinden.
Im Protokollbuch des Gemeinderates von Neucoswig ist in seiner Sitzung vom 15. August 1906 nachzulesen, dass Gemeindevorstand Max Krause die anwesenden Gemeinderäte vom Tode des Sanitätsrates Dr. med. Pierson in Kenntnis setzte. Man beschloss, für den Toten Palmzweige mit einer Schleife, gewidmet von der Gemeinde Neucoswig und ein Kondolenzschreiben zu fertigen.
Pierson? – Eine nichtrepräsentative Umfrage bei Coswigern bestätigte meine Vermutung: Mit Dr. med. Pierson verbindet sich kaum noch eine Erinnerung. Doch wie auch - 2 Weltkriege setzten andere Prioritäten und nach 1949 war für Heimatgeschichte jenseits der Bedeutung der Arbeiterklasse wenig Raum.
So soll der 100. Todestag von Reginald Henry Holmes Pierson am 13. August in diesem Jahr Anlass sein, an ihn zu erinnern, an eine Persönlichkeit von überregionaler Bedeutung, die gleichzeitig den Ortsteil Neucoswig nachhaltig prägte. Er ließ das Areal des "Lindenhofes“ so bebauen, wie wir es in seiner Grundstruktur jetzt noch erkennen können. Untrennbar mit der Person Pierson verbunden, soll auch an seine erfolgreiche Wirkungsstätte erinnert werden.
Die Familie
Reginald H.H. Pierson wurde am 19. November 1846 in Berlin geboren. Er entstammte einem bemerkenswerten, künstlerisch geprägten Elternhaus. Sein Vater Henry Hugh Pierson war ein englischer Komponist, in Oxford 1815 geboren und 1873 in Leipzig gestorben. Er studierte teilweise in Deutschland. 1844 wurde er Professor für Ästhetik und Musik an der Universität in Edinburgh, kehrte aber bald darauf für immer nach Deutschland zurück. Er komponierte u.a. Oratorien, Orchesterwerke und Lieder. In Dresden wurde er durch seine Komposition zu Goethes "Faust“ 2. Teil hoch geschätzt. Piersons Mutter Caroline, 1811 in Zittau geboren und 1899 im Neucoswiger "Lindenhof“ gestorben, war eine anerkannte Schriftstellerin und erste Stegreifdichterin Deutschlands. Interessant ist, dass sie 1840 auf Wunsch der Stadt Nürnberg zur Enthüllung des Dürer-Denkmals das Drama "Meister Albrecht Dürer“ verfasste.
Reginald Pierson hatte noch zwei jüngere Brüder Edgar Mansfield (1848 – 1919) und Henry (1851 – 1902), die nicht minder interessante Persönlichkeiten waren. Nach ihrer akademischen Ausbildung gründeten die Brüder den zur damaligen Zeit bekannten Pierson’schen Verlag in Dresden, den Edgar später erfolgreich allein führte. Im Juli 1895 verkaufte Edgar Pierson den gesamten Verlag an Richard Lincke. Henry Pierson verkehrte in den Dresdner Künstlerkreisen und hatte u.a. Kontakt zu Ernst von Schuch und Max Maria von Weber. Seine Beziehungen zur Schriftstellerwelt, seine Literaturkenntnisse, seine Vorliebe für Kunst und Theater und nicht zuletzt seine Heirat mit der international bekannten Sängerin Bertha Brethol, ebneten ihm den Weg bis zum Eintritt in die Intendantur des königlichen Schauspiels in Berlin, dessen Direktor er schließlich wurde. Als Auszeichnung für sein erfolgreiches Wirken an diesem Theater erhielt er die Ernennung zum Geheimen Regierungsrat. Sein früher Tod beendete eine glänzende Karriere.
Im Tode vereint sind die drei Brüder mit ihren Grabstätten auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden, wo wir sie noch heute finden können. Die drei kunstvoll gestalteten Grabsteine sind nicht zu übersehen. Sie zählen auf diesem Friedhof zu den Gräbern von Personen, deren Ruhestätten auf Grund ihrer Bedeutung für die Nachwelt bewahrt werden müssen und gleichfalls als künstlerisch wertvolle Einzelgrabstätten besondere Beachtung verdienen.

Grabsteine von Edgar, Henry und Reginald Pierson (von re. nach li.)
Petra Hamann, Stadtarchiv
PS: Herzlich sei Herrn Vincent Knaffl, Hamburg, gedankt für die großzügige Überlassung zahlreicher wertvoller Unterlagen und Fotos zur Person Pierson und zum "Lindenhof“ für das Stadtarchiv. Ohne diese Unterlagen und seinen vielen zusätzlichen Informationen wäre die Artikelserie nicht in diesem Umfang möglich gewesen.